Pressemitteilung: Neues Hochschulgesetz: Mehr Autonomie für die Universität, weniger für die Studierenden

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Die Vorstellung der Eckpunkte für die von der schwarz-gelben Landesregierung geplante Novelle des Hochschulgesetzes stößt auf Widerstand bei den Studierendenvertretungen, auch beim Bonner AStA. Dieser befürchtet eine Rückkehr zu den Zeiten ohne Mitspracherecht der Studierenden.


Besorgniserregend sind vor allem die Abschaffung der vorgeschriebenen Parität der Statusgruppen, also einer gewissen vorgeschriebenen Mitbestimmung in den Gremien, und die neuen Möglichkeiten, Anwesenheitspflichten vorzuschreiben. „Das Ministerium hebelt die angemessene Vertretung der größten Statusgruppe an der Universität aus und überlässt Studierende wieder der Willkür einzelner Dozierender“, so Sarah Mohamed, stellvertretende AStA-Vorsitzende. „Der Vorschlag des Ministeriums, Studierende nur noch freiwillig beteiligen zu müssen und überhaupt deren Interessen noch nicht einmal sicherstellen zu müssen, ist eine Unverschämtheit und ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die sich seit vielen Jahrenkonstruktiv und fachkundig in den Gremien einbringen, um ihre Universität zu einem gemeinschaftlich gestalteten Ort zu machen.“

Zu den Anwesenheitspflichten sagt Tobias Eisenach, Referat für Hochschulpolitik: „Die angedachten Neuregelungen verkennen die Lebensrealität der Studierenden – ob gleichzeitig stattfindende Veranstaltungen, Nebenjob oder einfach didaktisch unfassbar schlechte Lehre, eine hundertprozentige Anwesenheit ist weder immer machbar noch als Leistung an sich sinnvoll.“

Weitere Kritikpunkte des AStA sind die geplante Abschaffung der Studienbeiräte an den Fakultäten, die vom Wissenschaftsministerium als „zu bürokratisch“ erachtet werden, sowie die Abschaffung der erst vor kurzem mit allerdings wenig Befugnissen eingeführten SHK-Vertretung. „Demokratie kann nun mal bürokratischen Aufwand erfordern“, so Mohamed. „Die Beteiligung der Studierenden an den Verfahren der Universität darf aber nicht wegen etwas Papierkram eingeschränkt werden!“

Weiterer Kritikpunkt ist insbesondere die Abschaffung der Zivilklausel: Die bisherige Verpflichtung der Universitäten zu friedlichen Zielen stellt laut der Regierung eine Misstrauenserklärung gegenüber den Hochschulen dar. Allerdings hindert sie auch keine einzige Universität an der Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium oder direkt den deutschen Rüstungskonzernen. Gerade im Zusammenhang mit den deutschen Rüstungsexporten und diversen, damit belieferten Krisenherden sieht der AStA eine Verpflichtung der Universitäten, zu einer friedlichen Welt beizutragen, als absolute Notwendigkeit.

Als einzige Möglichkeit, diese „Katastrophe für die studentische Hochschulpolitik“ auch bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung noch abzufangen, sieht Eisenach die neue Autonomie der Hochschule selbst: „Das Ministerium entzieht sich zwar sämtlicher Verantwortung, gemeinschaftliche Regeln für die Universitäten aufzustellen. Da diese allerdings dann fast alles selbst entscheiden dürfen, kann die Universität Bonn auch beschließen, die bisherigen Verfahren beizubehalten und die Studierenden wie mündige Mitglieder der Hochschule zu behandeln.“

Der Rektor der Universität Bonn, Prof. Dr. Michael Hoch, lobte in der Senatssitzung am 1. Februar zunächst nur die geplante Autonomie der Universitäten – für alles weitere werde man schon zu einer gemeinsamen Lösung kommen.

Dennoch ist auch etwas Positives in der geplanten Novelle zu finden: zur Steigerung der Beteiligung an den Gremienwahlen sind Online-Wahlen vorgesehen. Im Rahmen der mangelhaften Digitalisierung der Hochschulen ist dies immerhin ein vereinzelter Lichtblick.


Die Vorschläge der Wissenschaftsministerin für Änderungen des Hochschulgesetzes findet ihr hier.