Rede des AStA-Vorsitzenden auf dem Universitätsfest 2017
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Liebe Absolventinnen und Absolventen,
herzlichen Glückwunsch zu eurem Abschluss!
Herzlichen Glückwunsch zum Bachelor, zum Master, zum (Staats-)examen, zur Promotion!
Herzlichen Glückwunsch zu erfolgreichen Semestern und Jahren in Bonn!
Herzlichen Glückwunsch zu gewonnen Freundschaften!
Herzlichen Glückwunsch zu etwaiger Auslandserfahrung!
Herzlichen Glückwunsch zu ausschweifenden Partys!
Herzlichen Glückwunsch zu Erkenntnisgewinn und persönlicher Reifung!
Meine Rede könnte an dieser Stelle zu Ende sein, denn eigentlich ist alles gesagt, was heute wichtig
ist.
Ja auf „könnte“ folgt gewöhnlich ein „aber“ und so will auch ich die Gelegenheit nutzen euch ein
paar Worte mitzugeben. Aber keine Angst, ich bin Mathematiker, stundenlange Monologe jenseits
der Zahlen und Formeln braucht ihr von mir nicht zu fürchten.
Nur was will ich euch eigentlich mitgeben?
Darüber habe ich lange nachgedacht.
Irgendwas mit Verantwortung wäre wohl gut.
Und als Aufhänger?
Vielleicht Brexit, Donald Trump oder so.
Oder über Joseph Göbbels, auch Bonner Alumnus, und dass gesellschaftliche Verantwortung wohl
über das Studium hinausgehen muss?
Hm ne, Göbbels geht nicht, der ist zu krass.
Trump & Co irgendwie zu langweilig, davon sind die Zeitungen seit Monaten voll, mein Bedarf
zumindest an internationalen Irrationalitäten ist erst mal gesättigt.
Aber wie wäre es denn mal über etwas zu reden, das sogar in unserem Einflussbereich liegt: Unsere Uni, unsere Stadt, unser Land.
Und tatsächlich sind ja auch jeweilige Verantwortungsträger heute anwesend, wenn auch teilweise in guter Rheinischer Tradition bunt verkleidet.
Also der Reihe nach:
Sehr geehrter Rektor Hoch, Magnifizenz,
mit Freude habe ich vor einigen Wochen im Generalanzeiger gelesen, dass Sie den Dualismus von
Tradition und Moderne an der Uni Bonn mehr in Richtung Moderne schieben wollen.
Gemeint war dort das neue Uni-Logo.
Und bei aller Kritik die es ja darüber gab – wie etwa, dass es trotz höherer Farbenvielfalt etwas
farblos sei - muss man ihm eins lassen: Modern ist es auf jeden Fall.
Modern wäre auch, wenn wir Studierende uns in Zukunft nicht mehr mit bis zu fünf verschiedenen
Papierzetteln ausweisen müssten.
Digitale Multifunktionskarten oder umgangssprachlich Unicards sind an anderen Hochschulen
längst gang und gäbe. So etwas könnte ja auch Teil des gesamten zu überprüfenden
Erscheinungsbilds der Uni sein.
Aber auch nicht alle Traditionen sind zu vergessen. So gibt es zahlreiche studentische Initiativen
und Kulturgruppen - teilweise mit längerer Geschichte als die heutige Veranstaltung – in denen
bestimmt auch viele der heute Anwesenden tätig waren und sind. Diese dürfen trotz all der
notwendigen Modernisierung nicht unter den Tisch fallen.
Sehr geehrte Dekane, Spektablitäten
Über 2/3 der Absolventen diesen Jahres sind Frauen, der Anteil in der Professorenschaft in Bonn
liegt im Schnitt unter 20 % - also sogar für deutsche Verhältnisse gering - je nach Fakultät sogar im
einstelligen Prozentbereich.
Ich weiß gar nicht, was man dazu noch groß sagen soll, die Zahlen sind seit Jahren schlecht und
bekannt, die Aufgabe sollte klar sein.
Sehr geehrter Oberbürgermeister Sridharan,
vielen Dank erst mal, dass Sie uns vor kurzem im Studierendenparlament besucht haben. Zwei
Punkte muss ich aber doch noch mal kurz aufgreifen:
Der erste Punkt, Bonn will Fahrradhauptstadt 2020 werden? So ganz glauben kann ich das nicht,
wenn man sich auf dem Weg aus der Altstadt zur ULB mit dem Fahrrad zwischen Busse und LKW
quetschen muss.
Der zweite Punkt sind innovative Projekte für die Schaffung von Wohnraum wie etwa Wohnen für
Hilfe, was wir als AStA betreiben.
In Köln werden ähnliche Projekte durch städtische Angestellte unterstützt.
Eine solche Unterstützung wird bisher aufgrund des Bonnbekannten Effizienzgedankens der hiesigen
Verwaltung verwehrt.
Die Wohnsituation hier ist kaum besser als in Köln, etwas Unterstützung könnte uns sicher auch
nicht schaden.
Sehr geehrter Herr Pinkwart,
ehemaliger Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie,
Erfinder der Studiengebühren in NRW,
Rektor der HLL Leipzig,
frisch gewählter Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie des Landes
Nordrhein-Westfalen,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl als Minister vor zwei Tagen.
Studiengebühren?
Naja diesmal wenigstens nur für Ausländer.
Da hab ich ja nochmal Glück gehabt.
Aber mal schauen, ob die Veranstaltung hier im nächsten Jahr wieder so international ist.
Und jetzt Minister für Digitales? Vielleicht können wir ja im Anschluss ja noch über diese Unicard reden.
Liebe Absolventinnen und Absolventen, lieber Frederik,
jetzt wieder zu euch, den heute wirklich Wichtigen.
Ihr seid die Verantwortungsträger der Zukunft und sicher haben viele von euch das auch schon
während des Studiums getan.
Und vielleicht habt ihr gerade gemerkt:
Verschiedene Menschen haben verschiedene Ziele, verschiedene Schwerpunkte, verschiedene
Herangehensweisen und es gibt nicht das eine Gemeinwohl, das alle anstreben.
Jeder versteht darunter etwas anderes.
Wenn ihr eure Ziele erreichen wollt, eure Ideen verwirklicht haben wollt, eure Vorstellung einer
Gesellschaft verwirklicht haben wollt, dann müsst ihr euch schon selber dafür einsetzen. In
Unternehmen, in Start-Ups, im weiteren Studium, in der Wissenschaft, durch Gründung einer
Familie, in Vereinen, in Parteien, in Zeitungen und so weiter.
Aber vielleicht erst ab morgen. Heute ist erst mal Feiern angesagt.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.