Intifada bis zum Hausverbot

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Über eine versuchte Veranstaltungssprengung und eine geglückte Körperverletzung

Am Freitag, dem 12. November, führte das Referat für Politische Bildung des AStA eine Veranstaltung zum "Sarrazin-Komplex" durch. Hier sollte Justus Wertmüller, Redakteur der Zeitschrift Bahamas, zum Thema referieren und seine Kritik sowohl an Sarrazin als auch an dem aus seiner Sicht verlogenen Aufschrei der Öffentlichkeit formulieren. Offensichtlich ein Thema, das von großem Interesse ist, denn die Veranstaltung war mit fast 200 TeilnehmerInnen sehr gut besucht.

Einigen Besuchern jedoch war der Auftritt des in linken Kreisen als israelsolidarisch bekannten Referenten so zuwider, dass sie versuchten, die Veranstaltung zu sprengen. Bereits vor Beginn des Vortrags trat einer Störer unerlaubt ans Mikrophon des Hörsaals, um eine Hasstirade mit unbelegten Vorwürfen, unter anderem den des Rassismus und der Kriegstreiberei, gegen Wertmüller loszulassen. Ein Vorgehen, das in Kreisen, der stalinistischen antiimperialistischen Linken, Methode hat, getreu dem Motto: wenn man nur mit genug Schmutz wirft, wird irgendwas schon hängen bleiben. Der Gebrauch des Mikrophons wurde dem Störer jedoch mit Verweis auf das Hausrecht der Veranstalter untersagt.

Auch im weiteren Verlauf des Abends fiel besonders diese Person und andere Personen, durch die fortwährende Störung der Veranstaltung auf: immer wieder riefen sie unbelegte Unterstellungen und Beleidigungen, unterbrachen damit den Vortrag und arbeiteten darauf hin, die Veranstaltung zu verzögern, um eine anschließende Diskussion der vorgebrachten Thesen zu verhindern, da diese Abendveranstaltung in den Räumen der Universität nur bis 22.30 Uhr genehmigt wurde.

Besonders bedauerlich ist, dass eben jener heftigste Störer, Simon Ernst, der bereits vor Beginn des Vortrags das Mikrophon in Beschlag nahm, jemand ist, der sich seit mehreren Jahren als Organisator des Studierendenprotests inszeniert und es versteht, besonders junge Menschen, die sich beispielsweise im Rahmen des Bildungsstreiks oder der Protestbewegung gegen Studiengebühren gegen eine immer stärker Fremdbestimmung in Schule und Studium wenden, für seine Projekte zu gewinnen. Der autoritäre Geist, der solchen Organisierungsversuchen zugrunde liegt, lässt sich auch in der Störung einer Veranstaltung wieder entdecken, die offensichtlich viele andere Menschen sehen wollten. Selbst denen unter den BesucherInnen, die Widerspruch gegen Wertmüllers Thesen hätten äußern wollen und die deswegen an einer Diskussion in einem vernünftigen Rahmen interessiert waren, sollte diese Möglichkeit genommen werden. Besonders interessant ist es in diesem Zusammenhang, dass der Störer, der sich wie gesagt als Avantgarde der Bildungsproteste aufspielt, seiner in Wahrheit vorhandenen Geistfeindschaft dadurch Ausdruck verlieh, dass er den Referenten als „Gelehrten“ verunglimpfen zu können glaubte.

Nachdem der Vortrag bereits stark verzögert worden war und den StörerInnen mehrfach angedroht wurde, die Polizei zur Sicherstellung des Hausrechts zur Hilfe zu rufen, diese aber immer noch nicht von ihrem Tun abließen und statt dessen weitere Beleidigungen ausriefen, alarmierte der Referent für Politische Bildung die Beamten. Einen anderen Ausweg außer dem Anzetteln einer gewalttätigen Saalschlacht gegen die StörerInnen hat es nicht gegeben. Die Folge seines Anrufs war ein Tumult unter der Gruppe der StörerInnen, von denen einige in Richtung Podium und Referent stürmten. Andere BesucherInnen der Veranstaltung stellten sich schützend dazwischen, um einen möglichen Angriff auf den Referenten Justus Wertmüller zu unterbinden. Es entstand ein Handgemenge, bei dem der bereits erwähnte Simon Ernst versuchte, das Mikrophon zu erreichen, andere ihn aber zurückdrängten. Den entstandenen Tumult nutzte ein in den Stuhlreihen verbliebener Störer dazu, mit einem Laserpointer in die Augengegend des Referenten zu leuchten. Dabei strahlte er zwar nicht Wertmüller, wohl aber dem Referenten für Politische Bildung des AStA der Fachhochschule Köln, der die Veranstaltung als Gast besucht hatte, in die Augen und verbrannte seine Bindehaut. Auf Anraten der behandelnden Ärztin erstattete er später Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung gegen Unbekannt. Sachdienliche Hinweise zur Ergreifung des Täters können an das Referat für Politische Bildung oder an die Polizei gerichtet werden.

Erst kurz vor dem Eintreffen der Polizei entfernten sich die StörerInnen, um einer Personalienkontrolle zu entgehen. Nachdem diese wieder abgezogen war, setzten sie ihre Störungen von draußen weiter fort, indem sie die Parole „Intifada bis zum Sieg“ riefen und damit unmissverständlich zum Ausdruck brachten, dass sie sich dafür einsetzen, den Nahen Osten „judenrein“ zu machen und PalästinenserInnen, die sich nicht dem einförmigen, autoritären Kollektiv unterordnen wollen, sondern beispielsweise ihre Sexualität selbst bestimmen oder mit Juden wie mit allen anderen Menschen zusammenleben wollen, abzuschlachten. Denn nichts anderes ist das Ziel der „Intifada“ genannten Aufstände.

Der AStA der Uni Bonn verurteilt jeden Versuch, eine öffentliche Diskussionsveranstaltung in der Universität zu sprengen. Eine aufgeklärte Gesellschaft erfordert den Raum, sich auch über strittige Themen eine Meinung bilden zu können, um diese dann angstfrei artikulieren und sich für die je eigenen Interessen einsetzen zu können. Die Möglichkeit dazu ist die grundlegendste Bedingung gesellschaftlicher Emanzipation, die StörerInnen haben versucht, diese zu unterlaufen.

Der AStA solidarisiert sich mit dem verletzten Kollegen vom AStA der FH Köln und übermittelt im Namen der Studierendenschaft beste Genesungswünsche. Der AStA der Universität Bonn wird diese Besorgnis erregenden Ausschreitungen zwar nicht ungeschehen machen können, gegen derartige Bestrebungen aber auch in Zukunft mit allen rechtstaatlichen Maßnahmen vorgehen.